Die Anfänge der Kooikerzucht in der Schweiz

 

Diese Seite widmen wir der ersten Zuchthündin in der Schweiz, Bonnie-Anka van 't Keijzersland (Antje), und ihrer Halterin Theres Schmid.
Unsere beiden Hündinnen Zya und Pakwa sind Ururenkelinnen von Antje und die eine oder andere Macke können wir auch bei ihnen wiederfinden, eben typische Wesenseigenschaften der Rasse.
Ein grosses Dankeschön geht an Theres Schmid für die freundliche Genehmigung der Veröffentlichung ihrer beiden folgenden Artikel über ihre Antje.

 

 

Antje

(Bonnie-Anka van 't Keijzersland)

13. August 1992 – 19. Mai 2005

 

Am Abend des 19. Mai mussten wir unsere Antje schweren Herzens in die ewigen Jagdgründe entlassen, um ihr weiteres Leiden zu ersparen, eine Gnade, die wir unseren vierbeinigen Gefährten gewähren können und müssen.
Das Kooikerhondje lernte ich auf meinen Ausstellungs- und Richterreisen in den Norden Deutschlands, Luxemburg, Belgien und natürlich Holland kennen und erlag - wie könnte es anders sein - immer aufs Neue dem umwerfenden Charme der ausdrucksvollen Augen, dem schmucken rot-weissen Outfit und den attraktiven „Oorbellen“!
Irgendwann wurde der Wunsch nach einem solchen Hund konkret und ich wandte mich an den Raad van Beheer, den holländischen Kennel-Club, der mir die Adresse der „Vereniging ‘Het Nederlandse Kooikerhondje’“ angab. Ich meldete mich dort, kam zur Welpenvermittlung, füllte Formulare aus („warum, wieso und wozu wollen Sie einen Kooikerhund haben? Wo und wie wohnen Sie?“ etc. etc.) und - mit dem Luxus einer holländisch sprechenden Schwiegertochter ausgestattet - liess mir alles holländisch Geschriebene von ihr übersetzen.
Dann wartete ich und wartete und wartete … ein halbes Jahr, ein Jahr, noch länger und dann, es waren fast auf den Tag zwei Jahre vergangen, kam der ersehnte Anruf: bei Piet und Has v. d. Pol in Aalsmeer sei ein Wurf gefallen und da wäre ich nun an der Reihe ... Unsere ersten Telefongespräche waren ein seltsames Gemisch aus holländisch - das ich zwar mittlerweile etwas verstehen konnte - deutsch, das Piet kaum und Has überhaupt nicht sprach und englisch, das schliesslich für alle irgendwie ging. Kurz, im November des Jahres 1992 holte ich Bonnie van 't Keijzersland ab, ein 11 Wochen altes, sehr selbstbewusstes Kooikermädchen, ihrer Mutter Danka van Rietwijck wie aus dem Gesicht geschnitten.

 

Zuhause angekommen wurde sie erstens von den anderen Hunden kritisch beäugt und für gut befunden und zweitens in Antje umgetauft, da ich zu dieser Zeit bereits eine English Springerhündin mit Namen Bonnie hatte.
In der Folge lernte ich, mit einem Hund umzugehen, der so ganz anders war als alles, was ich vorher an dieser Art Tier um mich gehabt hatte und diese Gewöhnungszeit dauerte bis an ihr Lebensende. Gleichzeitig kratzbürstig und kooperativ, stur wie ein Panzer und total taub und so hellhörig, dass sie eine Maus zuunterst hinten im Heustock wispern hört, tapfer wie ein Löwe, wenn es darum ging, Eigentum - oder das was sie darunter verstand - zu verteidigen und ängstlich wie ein junges Kaninchen, wenn es donnerte oder feuerwerkte, bis zum Äussersten verfressen und ein Meister im Ausspucken von nötigerweise verabreichten Tabletten etc. etc., eben ein typischer Kooiker!

 

Schon früh begann sie ihre Ausstellungskarriere: mit dem Titel „Best Puppy in Show“ an der Internationalen Hundeausstellung in Bern setzte sie mit sieben Monaten bereits Massstäbe. So ungern sie eigentlich Ansammlungen von Menschen und vor allem anderen Hunden zeitlebens hatte, so genoss sie an den Ausstellungen das Bad in der Menge, eigentlich in sich ein Widerspruch, aber eben nicht für Antje. Sie stand und lief immer richtig, liess sich von jedem Richter problemlos anfassen und hatte die Anforderungen zu nationalen und internationalen Titeln in der kürzest möglichen Zeit erfüllt.
Etwas, was mir das Leben mit ihr etwas erschwerte, war ihre unbändige Jagdpassion, die sie leider auch einigen ihrer Kinder mitgab. Damit sie diese Anlage wenigstens für eine kurze Zeit des Jahres ausleben konnte, nahm ich sie in der Folge an unsere herbstlichen Treibjagden mit, aber siehe da, nun, da sie hätte nach Herzenslust stöbern dürfen oder sogar müssen, fand sie das Ganze etwas öde. Es fehlte wohl der Nervenkitzel des Verbotenen … fast zu menschlich. Auf der Jagd machte ihr im übrigen der Schiesslärm gar nichts aus.
Ihr Verhältnis zu anderen Hunden war - wie von einem Kooiker nicht anders zu erwarten - entweder schwarz oder weiss, d. h. entweder liebte sie heiss und innig oder sie hasste abgrundtief. Etwas dazwischen gab es für sie nicht. Wieso das so war, konnte ich nie herausfinden: Filou, eine Riesenmischung von Deutschem Schäferhund und Riesenschnauzer, grauschwarz, struppig und eigentlich recht furchteinflössend anzuschauen, war ihr absoluter Favorit und sie schrie vor Freude, wenn sie ihn von Ferne sah. Den Berger Picard eines Agility-Kollegen - ebenfalls gross, struppig und dunkel, hätte sie in der Luft zerreissen mögen, wenn ich sie gelassen hätte! Wieso wohl? Keine Ahnung!
Den Kindern ihrer vier Würfe war sie eine gute, wenn auch sehr strenge Mutter. Da blieben kaum Fragen offen …

Sie war ja auch die erste Hündin ihrer Rasse, mit der in der Schweiz gezüchtet wurde … aber über diesen Wurf wird an anderer Stelle die Rede sein.

 

Im dritten Wurf hatte sie ein ganz besonders hübsches Töchterchen, „Antje’s Woopi G.“, um das sich die Interessenten fast prügelten: es war dreifarbig, also nach holländischen Regeln eigentlich nicht erwünscht. Dabei sah das doch niedlich aus.
Im Umgang mit Menschen war Antje recht unkompliziert, generell mochte sie eigentlich alle. Ganz gute Freunde wurden mit einem unglaublichen Geschrei - ein Gemisch von Bellen, Jaulen, Kreischen in einer Lautstärke, die weit über das für das menschliche Ohr noch tragbare Mass hinausging - begrüsst. Ansonsten war sie eine hervorragende, unbestechliche Wächterin, durchaus bereit Massnahmen zu ergreifen, wenn es erforderlich gewesen wäre. Mit Kindern kam sie gut zurecht, vorausgesetzt, man konnte sich mit ihnen wie mit Erwachsenen unterhalten.
In der übrigen Hundefamilie war sie nicht immer einfach, um es Neudeutsch auszudrücken: sie war nicht unbedingt „rudelkompatibel“ und schnell bereit, sich vor allem mit der fast gleichaltrigen Springerhündin Ninja anzulegen, was oft zu sehr unangenehmen Reibereien führte. Wahrscheinlich ging es bei allen diesen Anlässen um die Alpha-Stellung im Rudel und um die war Antje bereit, wenn nötig bis aufs Blut zu kämpfen; das passte zwar zu ihrer Charakterveranlagung, machte aber das Miteinander mitunter etwas mühsam. Dazu war sie unabhängig und gab mir mehr als einmal zu verstehen, dass sie auch ohne mich bestens leben könnte, das im Gegensatz zu den Springern, die mir bei jeder Gelegenheit versichern, ohne mich nicht existieren zu können. Das entspricht zwar sicher nicht der Wahrheit, hebt aber mein Selbstwertgefühl.


Es ist jetzt stiller geworden ohne sie und - ich muss es gestehen - auch friedlicher; und trotzdem fehlt sie uns an allen Ecken und Enden. Obschon ich eigentlich ganz gerne eine Tochter von ihr behalten hätte, habe ich es nach den ersten diesbezüglichen Erfahrungen gelassen, sie duldete es nicht und wahrscheinlich war das auch ganz gut so. So lebt sie in unserer Erinnerung als das was sie war: eine ganz spezielle, interessante und einmalige Persönlichkeit!

 

 

 

 

Der erste Kooikerwurf in der Schweiz

 

Am 6. Juli 2005 jährte sich zum zehnten Mal ein Ereignis, das damals in der Schweiz absolut einmalig war: die Geburt der ersten Kooikerwelpen! Es waren die Kinder von Ingmar und Bonnie-Anka van 't Keijzersland: drei Rüden und zwei Hündinnen.
Als Antje zwei Jahre alt geworden war, machte ich mich mit Hilfe der damaligen Zuchtwartin für die Kooiker in Holland, Carla Snels, auf die Suche nach einem passenden Rüden für diese Dame. Obschon bereits damals eine recht grosse Anzahl von Ehemännern zu haben gewesen wäre, gestaltete sich die Wahl nicht ganz einfach, zu viele verschiedene Punkte galt es zu beachten, also auch nicht anders als heute. Von Antje’s Linie wussten wir, dass es dort ab und zu Patella-Probleme gegeben hatte, also war das erst mal auszuschliessen. Dazu wollte ich keinen dominanten Rüden, damit hatte ich bei Antje schon genug Probleme, aber das ist, wie ich mittlerweile weiss, bei Kooikerrüden gar nicht so einfach zu finden. Und etwas mehr Farbe als sie sollte er auch haben.

Nach vielem Hin und Her kam Ingmar, ein Sohn des Eelke Nicky de Princespioen und der Teke-Brechtje v. d. Ukkesteyn, in die engere Wahl, ein offenbar sehr netter, freundlicher und sicherer Rüde. Bei seinen Eltern stimmten die Gesundheitskriterien, was bei Ukkesteyn-Hunden nicht von vornherein gegeben ist, und als also Antje das nächste Mal läufig wurde, zog ich los, nicht ohne vorher die nötigen Abstriche und Progi-Tests gemacht zu haben. Was ich damals noch nicht wusste, war, dass Antje, allen Tests zum Trotz, sehr früh in der Läufigkeit deck- und aufnahmebereit war und der zehnte Tag auf jeden Fall zu spät. Also war es das erste Mal nichts, ausser dass ich einige Kilometer gefahren war, die nette Frau Blumers in Purmerend und ihren ebenso netten Ingmar kennengelernt hatte und, dass das vorgesehene Brautpaar sich erstmals beschnuppern konnte. Antje war aber zu weiteren Taten nicht zu überreden, auch ein Versuch, es noch mittels künstlicher Besamung zu probieren, brachte kein Ergebnis.
Also versuchten wir es das nächste Mal, d. h. im Mai 1995, und siehe da, Antje liess sich am 8. und 9. Tag der Läufigkeit ohne nennenswerten Widerstand decken. Die Trächtigkeit verlief ohne Probleme und am 6. Juli kamen die fünf Kinder zur Welt: Antje’s Rien, A. Rijk, A. Robin, A. Renskje und A. Rosalina. Was mich am meisten faszinierte, war die Tatsache, dass alles erstens sehr schnell vor sich ging, Antje genau wusste, was zu tun war und die Welpen absolut nicht so aussahen, wie ich es mir vorgestellt hatte. Sie waren nahezu schwarz! D. h. dort, wo sie rot hätten sein sollen! Natürlich geht das wohl allen Erstlings-Kooiker-Züchtern so, aber es machte doch einen Telefonanruf nach Holland nötig!
Bereits nach einigen Tagen fing die rote Farbe an, durchzudrücken, vor allem bei der einen Hündin und dem kleinsten Rüden, die Näschen wurden schwarz und unter Antjes fürsorglicher Pflege wuchsen die Kleinen zu wohlgenährten kleinen Brummern heran.

       

Bald zeigte sich, dass bereits sehr junge Kooiker genau wissen, was sie wollen und dem auch Nachdruck verleihen können. Während bei Springerwelpen die ersten Wochen ruhig und gemütlich ablaufen, gab es bei diesen fünfen bereits in der vierten Woche ordentlich Rabatz und zwischen Robin und Rijk gab es manchmal bereits richtigen Streit mit allem Drum und Dran. Antje mischte sich kaum ein, tat sie es doch, war augenblicklich Ruhe. Sie hatte diese Kinder immer im Griff und duldete keine Subordination.
Rien, der Kleinste, nahm an diesen Händeln kaum teil, er strebte nicht nach einer Machtposition und genoss sein Leben. Er war auch später ein recht einfacher Rüde, wahrscheinlich darin seinem Vater am ähnlichsten. Robin und vor allem Rijk hatten wohl mehr von ihrer Mutter geerbt und waren, bzw. sind, bei aller Menschenfreundlichkeit nicht immer einfach gegenüber anderen Rüden, mögen sie nun so gross sein wie sie wollen.

Renskje und Rosalina wurden zu Stammüttern in den Zuchtstätten „van Eenthuis“ von B. Näf und „of White Sparkle“ von U. Bührer Theiler. Renskje hatte ich nach einer Woche bei der damaligen Besitzerin wieder zurückgenommen, weil diese sich überfordert gefühlt hatte, und war eigentlich darüber ganz froh. Die beiden - Mutter und Tochter - kamen anfänglich ja auch sehr gut miteinander zurecht, Renskje unterzog sich ohne aufzumucken und alles war Friede, Freude, Eierkuchen bis zum Zeitpunkt, als die Tochter das erste Mal läufig wurde. Schlagartig veränderte sich das Verhältnis von Antje zu ihrer Tochter und sie gab mir unmissverständlich zu verstehen, dass in unserem Haus nicht Platz für zwei Kooiker sei.
Nach einigen Wochen vergeblicher Bemühungen, die frühere Harmonie wiederherzustellen, musste ich einsehen, dass es so wirklich nicht ging. Antje lief weg, wurde aggressiv, frass schlecht, attackierte ihr Kind bei jeder Gelegenheit: es musste etwas geschehen.
Nun glaube ich nicht an Zufälle und im Grunde war das, was sich dann ereignete, auch keiner, sondern eine Art Vorsehung. Es meldete sich eine Interessentin bei mir, die eigentlich auf der Suche nach einem Kromfohrländerwelpen war, aber nirgends einen kriegen konnte, und da die Kooiker doch so ein bisschen ähnlich seien … Also kam Beatrice Näf eines schönen Nachmittags vorbei, sah unser Renskje-Mädchen und fand, dass das wohl das Richtige sei. Und das war es auch, wie wir inzwischen alle wissen!
Bei uns kehrte null Komma plötzlich Ruhe und Frieden ein, Antje war wieder normal und so war allen gedient. Allerdings musste ich mit dieser Erfahrung die Hoffnung begraben, eine Tochter von Antje nachziehen zu können, aber was soll’s? Sie hatte immer das letzte Wort!

 

Texte und Fotos: Theres Schmid

 

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